Da wir heute ja auf dem Parkplatz beim Supermarkt oder eigentlich einem Mini-Einkaufszentrum geschlafen haben, ist Andreas in der Früh hinübergesprintet, weil er am Vortag eine Bäckerei gesehen hatte. Er kam mit einer Zimtschnecke und einer zweiten Doppelschnecke mit einer Puddingcreme zurück. Wir haben geteilt. Es war ein sehr süßes Frühstück aber auch sehr gut.
Anschließend haben wir uns reisefertig gemacht und sind zum Parkplatz der Kirchstadt gefahren. Wer nicht weiß, was eine Kirchstadt ist, dem kann ich das jetzt gerne erklären. Vor dem Besuch in Gammelstad wusste ich das auch nicht. Kirschstädte sind in Nordschweden entstanden, als im 16. und 17. Jahrhundert die Kirchenpflicht eingeführt wurde. Diese zwang die Leute, die vor allem Bauern waren, am Sonntag und an hohen Feiertagen die Messe zu besuchen. Es war genau festgelegt, wer wie oft im Monat an der Messe teilnehmen muss abhängig von der Entfernung des Bauernhofes zur Kirche. Dies wurde kontrolliert und bei Nichteinhaltung bestraft. Also errichteten die Bauern entlang der Straße, auf der sie zur Kirche kamen, ihre kleinen Häuser (ein Vorraum, ein Wohnraum, ein Stall), damit sie über Nacht bleiben und auch ein wenig feiern konnten. Leider sind viele dieser Kirchstädte im 20. Jahrhundert zerstört wurden. Im Gammelstad ist noch eine Vollständige erhalten und inzwischen UNESCO Weltkulturerbe.
Als erstes besuchten wir die Kirche, die Ende des 15. Jahrhunderts errichtet wurde und damals noch katholisch war. Wir konnten uns nicht genau umsehen, da gerade eine Seelenmesse stattfand und der Sarg in der Kirche stand. Man will ja nicht pietätlos sein. Wir schlenderten durch die Straßen und bestaunten die kleinen Häuser, die immer noch in Verwendung sind. Manche sind seit Generationen im Familienbesitz und werden am Wochenende aufgesucht, andere wurden von Interessenten gekauft. Inzwischen ist das möglich. Das dauerhafte Bewohnen ist nach wie vor nicht gestattet. Im Informationscenter konnten wir uns dann noch bei einer sehr ausführlichen Ausstellung weiter informieren. Es war sehr interessant. Ich habe mir sogar ein Buch dort über Gammelstad Kirchstadt gekauft und schon ein wenig darin gelesen. Sehr, sehr interessant.
Weiter ging es nach Lulea quasi die Neustadt. Der Name Gammelstad kommt nämlich von Altstadt = gamla staden. Der Handel und das Weltliche wurden in die Neustadt ausgelagert, das Religiöse blieb in Gammelstad. Dort besuchten wir das Norrbottenmuseum, das in einem wunderschönen Park liegt. Es ist speziell für Kinder ausgelegt und bietet ständig wechselnde Ausstellungen und beteiligt sich an diversen Projekten. Derzeit gibt es eine Ausstellung über Quilte für Puppenmöbel; eine Ausstellung über die Textilkunst zweier Samifrauen, die ihre Meisterprüfung abgelegt haben; Textilkunstwerke einer schwedischen Künstlerin; eine Ausstellung über einen bekannten schwedischen Architekten und zwei wunderbar eingerichtete Spielzimmer für die Besucherkinder nach Alter getrennt: 0 – 2 Jahre und der zweite Raum ab 2. Sie waren stark frequentiert. Im Erdgeschoß gibt es noch einen kleinen Shop und Café in sehr liebevoll eingerichteten Räumen. Leider war vieles nur in Schwedisch und daher nicht zu verstehen, aber manches zu erahnen. Der Eintritt war frei.
Die nächsten Stunden waren wir auf der E 4 unterwegs, die wir einmal verließen, da wir ein wenig mehr von der Gegend sehen wollten und Andreas nicht nur stupid geradeaus fahren wollte. Es lachte uns ein Kirchturm entgegen und wir versuchten näher zu kommen, um die ganze Kirche zu sehen. Wir parkten schließlich gegenüber vor einem Foodtruck mit thailändischem Essen. Während ich auf unsere Bestellung wartete – alles wurde frisch zubereitet – konnte Andreas um und in der Kirche von Burea fotografieren. Der Täufling mit Familie hatte die Kirche bereits verlassen.
Das Essen war hervorragend und einmal ganz etwas anderes. Gut gesättigt konnten wir die Reise fortsetzen und fanden uns bald auf der E 4 wieder. Im Abschnitt der Höga Kusten verließen wir die E 4 noch einmal, um direkt ans Meer zu fahren. Es ist irgendwie nicht möglich an diesem näher als auf der E 4 entlangzufahren. Um aber unser Tagesziel Sundsvall zu erreichen, ging es wieder zurück auf die altbekannte Straße. Ich hatte vorher ein wenig im Auto geschlafen, Andreas hatte auf einem Rastplatz einen Power Nap gemacht, so war unser Tagesziel erst nach 500km erreicht. Andreas fühlte sich nicht müde und in Sundsvall gibt es einiges zu sehen. Auch Stockholm liegt fast schon in greifbarer Nähe.
Mittels Stellplatz App haben wir den Platz für die Nacht gefunden und stehen mit einigen anderen Wohnmobilen mit Blick aufs Meer am Stadtrand von Sundsvall. Es kostet wieder nichts und das freut mich am allermeisten. Was wir auf dieser Reise für Treibstoffe und Lebensmittel ausgeben, können wir durch kostenlose Übernachtungen wieder ausgleichen. Hier in Schweden ist der Diesel wieder teurer als das Benzin und insgesamt ein wenig teurer als in Norwegen. Aber was soll’s. Wir haben eine gute Zeit, lernen viel Neues kennen und hatten heute auch deutlich besseres Wetter, auch wenn es zwischendurch immer wieder geregnet hat. Aber die Sonne war häufig zu sehen und es war auch deutlich wärmer.
Morgen statten wir Sundsvall, das 2017 zu schönsten Stadt Schwedens gewählt worden war, einen Besuch ab und dann geht es weiter Richtung Stockholm. Wie lange wir dort bleiben, haben wir noch nicht entschieden. Liebe Grüße und gute Nacht, EVA