So sehe ich aus, wenn ich müde bin!
Gester haben wir bereits knapp nach 7h gefrühstückt. Wozu Zeit verschwenden, wenn wir schon wach sind? Um 8:15 ging es dann auch schon los von Exeter Richtung Plymouth. Wir fuhren auf wunderbaren Landstraßen mit wenig Verkehr in einer Gegend, die mich an die Weite des Waldviertels erinnerte, allerdings mit weniger Wald. Schlagartig veränderte sich die Vegetation, als wir in den Dartmoor Nationalpark kamen. Alles war mit niedrigen Pflanzen bedeckt – Gräser, Heidekraut, Farne, Latschen artige Bäume – und es gab freilaufende Schafe, Kühe und Pferde neben und manchmal auch auf der Straße. An einem kleinem Teich blieben wir dann stehen, um Andreas die Möglichkeit zu geben ein paar Fotos in Ruhe zu schießen. Das Motorrad wurde ansonsten häufig zwischendurch angehalten und ein Moment gleich ohne Absteigen festgehalten. Meine Aufgabe in solchen Situationen ist einfach: ganz ruhig sitzenbleiben.
Als wir den Nationalpark verlassen mussten, tat es mir fast ein wenig leid, aber in Plymouth wartete die nächste Überraschung auf uns. Die vermeintliche Brücke stellte sich als Fähre heraus und natürlich durfte das Motorrad wieder zum Schluss an Board gemeinsam mit den Fahrrädern. Schwere Stahlketten zogen die Fähre mit uns über die Bucht. Am anderen Ufer angelangt waren wir dann auch schon in Cornwall und kamen in den kleinen Ort Looe, der aus einem Rosemunde Pilcher Roman entstammen dürfte. An der örtlichen Tankstelle trafen wir dann zwei Tirolerinnen und plauderten ein bisschen. Da Ebbe war, lagen fast alle Boote auf dem Trockenen, was ein sehr lustiger Anblick war. Ein paar Kilometer und enge Hohlwege weiter landeten wir in der kleinen Bucht, die Andreas auf Google streetview so gefallen hat – ein wirklich schönes Fleckchen Erde und wir waren da, bevor sie von Einheimischen und Touristen gestürmt wurde 😉.
Gegenüber der Bucht gab es auf einer kleinen Anhöhe ein Café , wo wir auf der Terrasse Kaffee und Kuchen und die Aussicht genossen. Dort beschlossen wir auch die Route abzukürzen und quer durchs Land Richtung Nordwesten zu fahren, um an einer anderen Küste zu landen.
Die gesamte Fahrt durch die englische Landschaft bis Lynton, unserem nächsten Zwischenstopp, war durch die Straßen und damit verbundenen Überraschungen geprägt. Britische Landstraßen sind meist gerade noch zweispurig manchmal auch nicht mehr, dann gibt es Passing Places. Eingesäumt sind diese Straßen mit hohen Hecken, die akkurat geschnitten sind, damit man sich nicht den Lack zerkratzt. Nach oben werden die Sträucher und manchmal auch Bäume nicht beschnitten, sodass sie an manchen Stellen gebogen zur Straßenmitte hin weiterwachsen, so dass man das Gefühl hat in einen grünen Tunnel zu fahren. Wunderschön! An den ganz besonderen Stellen fährt man dann in richtigen Hohlwegen, wo es angenehmer ist, nicht auf Gegenverkehr zu treffen. Bei einer gerade noch zweispurigen Straße kamen wir zu einer scharfen Linkskurve, als wir ein Hupen hörten und uns im nächsten Augenblick die Scheinwerfer eines typischen, roten Autobusses anleuchteten. Andreas stand mehr im Gebüsch als daneben, aber es ging sich alles gefahrlos und gut aus. Ein paar Kilometer weiter schoss ein Lieferwagen mehr auf unserer Seite als auf seiner um die Ecke und Andreas musste ordentlich in die Eisen greifen. Der geschockte Fahrer tat dasselbe und fuhr dann kreidebleich zurück und auf seiner Seite der Straße wieder nach vor, damit wir passieren könnten. Er hatte eindeutig ein schlechtes Gewissen…. Spannend waren dann noch die 25% Gefälle, die es an mehreren Stellen der Strecke gab.
In Lynton angekommen, machten wir eine Pause mit Blick aufs Meer und genossen den Schatten. Selbst bei flotter Fahrt war es gestern ganz schön warm am Bike. Ein Eis und ein Mineralwasser später fuhren wir weiter durch den Exmoor Nationalpark, von dem man wunderschön von oben auf das Meer hinabsieht, da er die Küste entlang verläuft. Knapp nach Bridstone machten wir dann auf einer Raststelle mit free wifi Halt und Andreas buchte ein Zimmer in einem Gästehaus in Weston-super-Mare – geiler Name für eine Englische Stadt 😀, da ich vor lauter Müdigkeit schon fast vom Motorrad kippte.
Das Beverly Guest House ist wirklich sehr zu empfehlen. Es ist alles mit viel Liebe zum Detail eingerichtet und mit Liebe gemacht. Allen und Joe, die Besitzer, sind sehr nett. Nach einer Dusche und indischem Essen gingen wir noch an den Strand und durch Sand und Schlamm doch etliche Meter, bis wir dann die Zehen im Meer hatten. Um 21:30 abends war die Wassertemperatur immer noch angenehm. Leider funktionierte das wifi im Hotel nicht, daher jetzt dieser verspätete Bericht von McDonalds auf dem Weg nach Wales. Ich hoffe, ich habe heute Abend mehr Glück. Morgen geht dann unsere Fähre nach Irland!